Unabhängig von der Technik gibt es bei der Konzeption von Apps auch ein inhaltliches Umdenken:
Der in der Vergangenheit übliche thematische Ansatz führt nicht mehr zum Ziel („Wir bauen eine Lösung für die Materialwirtschaft, da kommt jetzt alles rein was irgendwie mit Materialbewegungen zu tun hat“).
Stattdessen fangen wir ganz schlank an und fokussieren uns auf den einen zentralen Anwendungsfall für die Lösung.
Was soll die App leisten? Oder besser gesagt – welchen Anwendungsfall will ich als Anwender mit der App lösen?
Dieser Anwendungsfall darf gerne sehr spezifisch sein: Ich will eine Materialentnahme buchen.
Oder: Ich will meine Arbeitszeiten erfassen.
Oder: Ich will die Kontaktdaten meines Kunden-Ansprechpartners einsehen.
Genau dieser Anwendungsfall wird dann in der App umgesetzt, dabei fokussieren wir uns erstmal auf die Kernfunktionalität. Bei Bedarf können Stück für Stück weitere Funktionen ergänzt werden, immer verifiziert mit der kurzen Kontrollfrage „Brauchen wir das wirklich?“. Wenn doch mehr Funktionalität benötigt wird, dann ziehen wir rechtzeitig die Notbremse und entwickeln dafür eine separate App.
Würde man bei der Konzeption zuerst einen großen PC-Bildschirm als Maßstab heranziehen, diesen mit Funktionen, Icons und Inhalten bestücken und anschließend versuchen das Ganze auf einen Smartphone-Bildschirm zu skalieren, naja, da kann sich jeder selber ausmalen, wie gut das klappen würde.
Die SAP selber geht bei der Entwicklung ihrer zahlreichen Standard-Apps so vor, und denselben Weg gehen auch wir, wenn wir gemeinsam mit unseren Kunden Apps für die jeweiligen Bedürfnisse entwickeln.
Warum eigentlich?
Ja, durch „Mobile First“-Vorgehensweise werden die Apps einfacher, schlanker und schicker – das ist nicht verkehrt. Aber kommt es in der Praxis wirklich zum mobilen Einsatz?
Klar, es gibt einige Anwendungsfälle, die schreien besonders nach mobilem Einsatz. Immer dann, wenn die Anwender tatsächlich unterwegs sind:
- Materialthemen im Lager direkt auf dem Mobilgerät im Lager erfassen.
- Servicetechniker im Außendienst: defekte Teile direkt fotografieren und weitermelden
- Reisekostenabrechnung
- Parkticket oder Hotelrechnung direkt vor Ort fotografieren und einreichen
Hier entstehen Vorteile und Mehrwerte durch die mobile Nutzung, die Anwender sind ja gerade mobil unterwegs und können vor Ort und ohne Verzögerung ihre Aufgabe erledigen, ohne, dass Informationen erstmal auf Papier zwischengeparkt werden müssen.
Und was ist mit den anderen „normalen“ Themen?
Freigabe einer Bestellanforderung? Genehmigung einer Reisekostenabrechnung durch die Führungskraft? Erfassung von Arbeitszeiten?
Wenn die Möglichkeit besteht, setzt sich auch hier die mobile Nutzung immer mehr durch. In den letzten Jahren haben Homeoffice und mobiles Arbeiten enorm an Bedeutung gewonnen, mal eben eine kurze Aufgabe erledigen ohne nochmal den Rechner hochzufahren ist deutlich einfacher, wenn man kurz das Handy oder Tablet dafür nehmen kann.
Neben dem Arbeiten auf der Terrasse, dem Sofa oder an der Bushaltestelle kann das Smartphone auch im Rahmen der ganz klassischen Büro-Bildschirmarbeit wertvolle Dienste leisten.
Sollte die eine oder andere Besprechung – sagen wir mal vorsichtig – vielleicht nicht die ganze Zeit über die volle Aufmerksamkeit erfordern, kann nebenbei auf dem Handy der Workflow-Eingang abgearbeitet werden. Ja, ich weiß, da gibt es etwas Konfliktpotential zum Thema Wertschätzung für die anderen Teilnehmer der Besprechung – bitte nicht im Termin nebenbei auf dem Handy tippen.
Pragmatischer Ansatz: Wenn es sowieso gemacht wird, warum dann nicht zumindest das Werkzeug so gestalten, dass es möglichst einfach geht, und so die Aufmerksamkeit möglichst schnell wieder dem Termin gewidmet werden kann?
Diese parallele Nutzung eines zweiten Bildschirms ist unter der Bezeichnung „Second Screen“ eine im Marketing mit Faszination betrachtete Entwicklung – vor dem Fernseher sitzen und nebenbei auf dem Handy surfen.
Die ganzen hier beschriebenen Szenarien stellen erstmal nur die einzelnen Mitarbeiter als Anwender in den Fokus. Wenn man das Spektrum etwas weiter fasst und auch über andere User nachdenkt (Bewerber? Kunden? Lieferanten? Partner?) ergeben sich noch eine Vielzahl weiterer Möglichkeiten, bisher papierbasierte Prozesse zu digitalisieren und somit SAP Fiori Apps auch mobil zu nutzen.
In Kundengesprächen höre ich zu dem Thema mobile Nutzung von SAP Fiori Apps oft den Satz „Nein, so weit sind wir noch nicht“. Wirklich nicht? Im Privaten geht kaum noch etwas ohne Smartphone. Egal ob Einkauf, Bankgeschäfte, Kommunikation oder die neusten Nachrichten verfolgen – das findet fast alles mobil auf dem Smartphone statt. Und das werden auch Mitarbeiter privat so leben. Kein digitales Geschäftsmodell ist heute ohne mobile Lösung erfolgreich. Warum also nicht auch im geschäftlichen Bereich?
Neben dem klassischen Weg, jede*n Mitarbeiter*in mit einem Dienst-Smartphone auszustatten, gibt es auch andere Möglichkeiten, den Einstieg in die mobile Nutzung zu gestalten. Beispielsweise kann auch über die Business Technology Plattform eine sichere Nutzung für manche Apps auch auf privaten Endgeräten ermöglicht werden.
Wie sagt man so schön? Die Welt wird sich nie wieder so langsam weiterentwickeln wie jetzt gerade. Und wenn das mobile Arbeiten in nicht allzu ferner Zukunft zu jedem Arbeitsalltag gehört, dann sind mit SAP Fiori die inhaltlichen Rahmenbedingungen dafür geschaffen.